Ich bin…

Ihr Lieben, kaum je zuvor ist uns so schlagartig bewusst geworden, wie sehr wir miteinander verbunden und von einander abhängig sind.

Wir sind durch unser Üben aber gut eingestimmt auf das, was vielen Menschen nun zugemutet wird und mit dem sich viele wohl schwer tun: Nämlich bei und mit sich zu sein. Natürlich können wir uns durch TV und Internet 24 Stunden lang ablenken, aber wir können diese Zeit auch vermehrt der Übung widmen. Die Herausforderung: Wir können leiblich kaum mehr miteinander unterwegs sein und sitzen, aber wir können uns in der Übung – ob sie gleichzeitig stattfindet oder nicht, spielt nicht die wesentliche Rolle – miteinander verbinden! So lade ich uns ein, wenn immer wir sitzen, uns im Geist mit all denen zu verbinden, die wir vom Meditieren her kennen – und darüber hinaus mit allen, die meditieren – und darüber hinaus mit allen Wesen!

Zudem sind wir am Schauen, wie wir auch Angebote zugänglich machen, wo wir uns ganz bewusst gleichzeitig aufs Kissen setzen und miteinander meditieren. Bereits bieten einige der Lehrenden auf ihren Homepages solche Angebote an. Wir sind diesbezüglich noch bescheiden (was auch damit zusammenhängt, dass ich wenig vertraut bin mit den Möglichkeiten des Internet) und können euch einfach versichern, dass wir täglich 9 Uhr morgens CH Zeit Zazen üben und euch mit aufs Kissen nehmen.

Als kleinen Impuls greife ich ein grosses Thema des Zen auf, das Nicht-Wissen: Als Menschheit sind wir heute konfrontiert mit einem grossen Nicht-Wissen bezüglich der momentanen Situation und deren kurz- und langfristigen Folgen. Da alle vertrauten Strategien kaum mehr greifen und wir aber gerade in solchen Ausnahmesituationen auf ganz rudimentäre Angstmuster zurückgeworfen werden, ermöglicht uns die äussere Einschränkung nun, uns innerlich aktiv dem Nicht-Wissen auszusetzen und nicht in blinde Aktivität zu verfallen: radikal loszulassen und zu fragen, was zählt jetzt und was zählt wirklich? Wer bin ich denn noch, was bleibt, wenn ganz Vieles von dem, womit ich mich im Alltag identifiziere, wegfällt? Was ist immer da, auch in solchen Ausnahmesituationen?

Die Gedanken sind zwar da, aber sie laufen gelegentlich recht aus dem Ruder, sitzen der Angst auf und entwerfen dementsprechende Szenarien…. ihnen folgen, ganz ähnlich, die Gefühle. Bei beiden finden wir wenig Zuflucht. Die Zerbrechlichkeit der leiblichen Existenz zeigt sich angesichts des Virus überdeutlich. Und Zukunft ist ungewisser denn je, zeigt sich so deutlicher als das, was sie im Grunde ist: ein niemals existierendes Phantom. Es gibt sie nie, resp. wenn sie erscheint, erscheint sie immer als Gegenwart.

Was bleibt? Esbleibt das, was uns im Grunde immer geschenkt ist, wir aber meistens übersehen: der gegenwärtige Moment und va das, was diesen gegenwärtigen Moment erfährt und wahrnimmt: Und was ist das, was diese ganze Situation wahrnimmt, was Gedanken, Gefühle, den Leib wahrnimmt? Kein Wissen führt uns dahin, überhaupt nichts kann uns dahin führen – und doch ist unzweifelbar „etwas“ da, was alles wahrnimmt!

Vertiefe dich in das, was wahrnimmt. Verlagere deine Aufmerksamkeit von den Objekten weg (und dazu zählen auch Gedanken und Gefühle und alle körperlichen Empfindungen) auf das, was sie alle wahrnimmt und damit das, wir sind. Wir können und müssen nicht viel darüber sagen, aber wir erfahren es unbezweifelbar: Es ist das, was unabhängig von allen Umständen, aber präsent in allen Umständen, immer da ist. Es ist so etwas Unscheinbares, dass wir es ständig übersehen. Das Einzige, was wir darüber sagen können: Es ist da und es nimmt wahr! Das Wunder geschieht, wenn wir beginnen uns damit anzufreunden, dort Heimat zu nehmen. Es hat keine Grenzen, die geschlossen werden könnten. Es ist in jedem Augenblick zugänglich. Wir sind ES!

Sitzen wir als dieses wahrnehmende, von allen Bedingungen freie, unendliche Bewusstsein! Wir kommen ihm auf die Spur, wenn wir die vielen Sätze, die wir mit den Worten „Ich bin… “ beginnen, auf eben dieses Ich bin reduzieren…. Von Ich bin verunsichert, ängstlich, zuversichtlich, perplex, allein, einsam…. auf Ich bin… sitze als dieses Ich bin!

Da auch ich jetzt viel Zeit habe, bin ich per Mail oder whatssapp 077 456 53 10 erreichbar, wenn jemand froh ist über einen persönlichen Kontakt!

Euch allen im Herzen verbunden Marcel

4 thoughts on “Ich bin…

  1. Lieber Marcel
    Schön geschrieben! Ja, genau so… Ich meditiere auch in der Regel morgens zwischen .830h und 9.30h und abends ca. 20.00h. Ich bin mit Euch verbunden! Schön!
    Siehe auch meinen Artikel unter:
    https://www.journal21.ch/

    Herzlich und alles Gute Ruth

  2. Lieben Dank für diesen schlichten berührenden Text. Das inspiriert mich ab Morgen meine Meditationpraxis auf 9h zu verlegen.
    In Verbundenheit ❤
    Marianne Frutiger

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